shutterstock_676253638.jpg
shutterstock_1420695179.jpg

Demografie

Seit dem 19. Jahrhundert hat sich die Bevölkerung Bayerns mehr als verdoppelt, von 5 Millionen um 1900 auf über 13 Millionen heute im Jahr 2021. Dennoch ist der natürliche Saldo Bayerns negativ, d. h. es sterben jeden Tag mehr Menschen als geboren werden: durchschnittlich 344 Todesfälle pro Tag stehen 293 Geburten gegenüber. Dieser Anstieg ist nur möglich, weil die Zuwanderung die Abwanderung übersteigt und der Ausländeranteil in Bayern fast 10 % der Gesamtbevölkerung erreicht. Dieses Bevölkerungswachstum ging mit einer Landflucht einher, von der vor allem die Großstädte und mittelgroßen Städte profitierten. Heute leben 55% der bayerischen Bevölkerung in einer Stadt mit mehr als 10.000 Einwohnern (1900 waren es nur 32%). Hinter diesem allgemeinen Anstieg verbergen sich lokale Unterschiede: Während in Franken die Städte Nürnberg, Würzburg und Bamberg immer mehr Menschen anziehen, ist in den ländlichen Gebieten ein gewisser Rückgang zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu wächst der Süden Bayerns, insbesondere Oberbayern, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land stetig. Besonders dynamisch ist die Metropole München. Mit 4.400 Einwohnern pro Quadratkilometer ist die bayerische Landeshauptstadt die am dichtesten besiedelte Stadt des Landes und die Zahl der Einwohner steigt stetig, wobei die hohen Mietpreise die Attraktivität der Stadt nicht beeinträchtigen. Wie in den anderen Bundesländern ist auch in Bayern die Bevölkerung älter und altert. Wie in den anderen entwickelten Ländern der Europäischen Union ist die Lebenserwartung hier sehr hoch: 79,7 Jahre für Männer und 84,4 Jahre für Frauen. Der Altersdurchschnitt liegt bei 46,6 Jahren und 34 % der bayerischen Bevölkerung sind über 60 Jahre alt.

Sprache und Dialekte

Die offizielle Sprache in Bayern ist Deutsch, aber feine Ohren werden schnell merken, dass hier nicht nur Standarddeutsch gesprochen wird. Man unterhält sich in vielen verschiedenen Dialekten. Der Einfachheit halber kann man drei davon unterscheiden: Bayerisch, Fränkisch und Schwäbisch.

Der bayerische Dialekt (Bairisch) ist ein Regiolekt, der nicht nur jedem deutschsprachigen Ausländer, sondern auch Besuchern aus anderen deutschen Regionen ernsthafte Sorgen bereiten kann. In Bayern wird es nur in Oberbayern, Niederbayern und der Oberpfalz gesprochen, nicht aber in Schwaben oder Franken. Bayerisch ist seit dem Zweiten Weltkrieg durch die Umsiedlungen stark zurückgegangen, ist aber nicht völlig aus der Mode gekommen. Die österreichischen Dialekte sind dem bayerischen Sprechen sehr ähnlich, sodass Linguisten manchmal den Ausdruck "österreichisch-bayerisch" verwenden, um diese Dialektfamilie zu bezeichnen. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass dieser Dialekt, den man "bayerisch" nennt, kein Monopol in Bayern hat und auch außerhalb der bayerischen Grenzen verwendet wird.

In Nordbayern gehört die lokale Sprache zur Familie der "fränkischen" Dialekte und wird im Deutschen gemeinhin als "Fränkisch" bezeichnet. Auch dieser Dialekt stimmt nicht ganz mit den Grenzen des heutigen Frankens überein, auch wenn er nicht weit davon entfernt ist.

Ähnlich verhält es sich mit dem Schwäbischen. Seine Sprecher verteilen sich auf Bayern und Baden-Württemberg sowie auf einen kleinen Teil des österreichischen Tirols. Schwäbisch gehört zur Familie der alemannischen Dialekte, zu der auch das Schweizerdeutsche und das Elsässische gehören. Es ist jedoch nicht sicher, ob sich ein Colmarer, eine Zürcherin und ein bayerischer Schwabe verstehen, wenn sie sich in ihren Dialekten ausdrücken.

Interessanterweise hat die in Bayern verwendete Zeichensprache einige eigene Zeichen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Die Zeichen für "Sonntag", "Meerrettich" und "Metzger" unterscheiden sich zwischen den in Bayern und dem Rest der Bundesrepublik praktizierten Gebärdensprachen. Diese Nuancen sind jedoch anekdotisch und ein Taubstummer aus München und ein Taubstummer aus Bremen werden sich problemlos verstehen.

Einwanderung seit 1945

1945, nach der deutschen Niederlage und der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus Polen und der Tschechoslowakei, nahm Bayern 2 Millionen Flüchtlinge auf. Bei einer Bevölkerung von rund 9 Millionen zu dieser Zeit stellte diese neue Gemeinschaft fast ein Viertel der damaligen bayerischen Bevölkerung dar. Die große Mehrheit dieser Exilanten (etwa 1 Million) waren sudetendeutsche Flüchtlinge, die aus der Tschechoslowakei vertrieben worden waren, nachdem das Land wieder seine Grenzen vor der Invasion von 1938 erhalten hatte. Bayern ist die Region in Deutschland, die die meisten dieser Flüchtlinge aufgenommen hat, sodass die Sudetendeutschen bald als "vierter Stamm Bayerns" angesehen wurden: Mit anderen Worten, die Sudetendeutschen werden als vierte demografische Gruppe nach den Bayern, Franken und Schwaben wahrgenommen. Jahrhundertelang hatten die Sudetendeutschen mit den tschechischsprachigen Menschen in Böhmen, Mähren und Südschlesien zusammengelebt und ihr Leben geteilt. Als Exilanten wurden diese Deutschsprachigen in den Ländern, die sie aufnehmen sollten, oft schlecht empfangen. Das Lager Dachau wurde beispielsweise dazu genutzt, sudetendeutsche Familien unterzubringen, bis neue Wohnhäuser gebaut wurden, auf die sie manchmal bis zu zehn Jahre warten mussten. Mehrere Städte oder Stadtteile wurden eigens für die Unterbringung der Neuankömmlinge errichtet. Dies gilt beispielsweise für den Stadtteil Neugablonz in Kaufbeuren, der nach der Stadt Gablonz (heute Jablonec nad Nisou) in Böhmen benannt wurde. Diese Einwanderung von Deutschen aus den Ostgebieten veränderte auch die konfessionelle Landschaft Bayerns, da sich Katholiken in Franken und Protestanten im Süden ansiedelten. Generell begleitete die Frage der DPs(Displaced Persons, Vertriebene) die Nachkriegsjahre. Viele dieser DPs blieben nur vorübergehend in Bayern und gingen häufig in die USA oder nach Palästina ins Exil.

Mehrere Jahre nach dem Krieg erlebte Bayern - wie der Rest Westdeutschlands - einen Produktivitätsschub, der als "Wirtschaftswunder" bezeichnet wurde. Um die Fabriken am Laufen zu halten, setzt die Bundesrepublik auf ausländische Arbeitskräfte. Die Bundesregierung schloss Abkommen mit ausländischen Mächten wie Italien (1955) Griechenland und Spanien (1960), der Türkei (1961) oder Jugoslawien (1968), um billige Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen. Diese gering- oder ungelernten Arbeitskräfte arbeiteten hauptsächlich in der Industrie und ließen die Produktion am Fließband ablaufen. Man nannte diese Arbeiter Gastarbeitergastarbeiter, was man etwas umständlich mit "Gastarbeiter" oder "Gastarbeiter" übersetzen könnte, da ihr Aufenthalt in Deutschland nur vorübergehend sein sollte. Viele von ihnen blieben in der Bundesrepublik und wurden von ihren Familien nachgeholt. Schätzungsweise 14 Millionen Gastarbeiter kamen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Arbeiten nach Deutschland. Von diesen blieben 3 Millionen in Deutschland. In Bayern trugen sie aktiv zum Gelingen großer Infrastrukturprojekte bei. Man kann sogar sagen, dass München ohne diese Gastarbeiter weder eine U-Bahn noch olympische Einrichtungen hätte.

40 Jahre lang teilte Bayern eine gemeinsame Grenze mit dem anderen deutschen Staat, der DDR. Zwischen dem Bau der Berliner Mauer 1961 und ihrem Fall 1989 verließen schätzungsweise 1,5 Millionen ostdeutsche Bürger die Deutsche Demokratische Republik und ließen sich in der Bundesrepublik nieder. Von diesen wählten 200.000 Bayern als Wohnort. Die Zahl der Bayern, die sich in der DDR niederließen, ist eher anekdotisch, aber jedes Jahr trafen zwischen 200 und 600 Bayern die Wahl, die Bundesrepublik zu verlassen, um ihr Glück im sozialistischen Nachbarland zu versuchen.

Ein in den französischsprachigen Ländern eher unbekanntes Phänomen ist das der Spätaussiedler (wörtlich die "Spätheimkehrer"). So werden deutschsprachige Personen bezeichnet, die aus Osteuropa stammen und nach 1950 nach Deutschland kamen. In Osteuropa (Polen, Rumänien, Russland usw.) lebten und leben (manchmal seit dem 18. Jahrhundert!) deutschsprachige Familien. Zwischen 1950 und 1987 zogen 1,4 Millionen deutschsprachige Menschen aus Osteuropa in die Bundesrepublik. Man nennt sie "Russlanddeutsche" (Russlanddeutsche ; auf Französisch manchmal auch "Allemands de la Volga") die Deutschsprachigen, die in Russland und den Satellitenstaaten der UdSSR lebten. Viele deutsche Familien waren im 18. Jahrhundert dem Ruf der Zarin Katharina II. gefolgt und hatten sich im Russischen Reich niedergelassen. In den 1990er Jahren schloss Deutschland ein Abkommen mit Russland, um die "Rückkehr" (kann man nach so vielen Generationen überhaupt noch von Rückkehr sprechen?) dieser Deutschsprachigen zu ermöglichen. Dieses Phänomen intensiviert sich mit dem Zerfall der UdSSR. Im heutigen Deutschland gibt es viele Berühmtheiten aus diesen russlanddeutschen Gemeinschaften: die Sängerin Helene Fischer oder die Schauspielerin Emilia Schüle, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es wird geschätzt, dass in Bayern heute 250.000 Menschen aus der UdSSR stammen. Diese Einwanderung der Russlanddeutschen ging damals mit einer jüdischen Einwanderung einher und 90 % der Juden im heutigen Deutschland sind russischer Abstammung.

In den 1990er Jahren führten die Jugoslawienkriege zu zahlreichen Bevölkerungsbewegungen. Mit 300.000 jugoslawischen Flüchtlingen ist Deutschland das Land in Europa, das die größte Zahl dieser Männer, Frauen und Kinder aufnimmt, die vor dem Krieg und den Massakern auf dem Balkan fliehen. Zum Vergleich: Die Zahl der jugoslawischen Exilanten, die in Frankreich Asyl finden, liegt bei etwas weniger als 16.000. Gegen diese Neuankömmlinge wurden rassistische und fremdenfeindliche Gewalttaten verübt. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung einigten sich die Vertreter der Parteien CDU/CSU, SPD und FDP im Dezember 1992 auf eine Neuregelung des Asylgesetzes. Ziel war es, die Asylverfahren zu beschleunigen, aber die Möglichkeiten, sich auf das "Grundrecht auf Asyl" des Grundgesetzes zu berufen, wurden erheblich eingeschränkt. Nach dem Ende des Bürgerkriegs im Jahr 1995 kehrten viele in die Balkanstaaten zurück.

2004 und 2007 wurde die Familie der Europäischen Union um zwölf neue Mitglieder erweitert: die drei baltischen Staaten, Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Malta, Zypern, Bulgarien und Rumänien. Bayern, das lange Zeit am Rande der Europäischen Union lag, befindet sich plötzlich in ihrem Zentrum. Zwei Millionen Menschen aus diesen neuen europäischen Ländern sind seit 2004 nach Bayern gekommen, obwohl drei Viertel von ihnen inzwischen wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt sind. Die bayerischen Unternehmen profitieren von den Arbeitskräften, aber auch von den neuen Märkten innerhalb der EU. Diese Neuordnung der europäischen Karten hat auch Auswirkungen auf die Zuwanderung nach Bayern und den Arbeitsmarkt. Saisonale Arbeiten, wie die Spargelernte in der Region Schrobenhausen, werden häufig von rumänischen Spargelstechern ausgeführt. Andernorts werden junge Frauen aus Osteuropa im Bereich der persönlichen Pflege beschäftigt. Viele dieser europäischen Arbeitnehmer sind gezwungen, unter schwierigen Bedingungen zu arbeiten, oft schlecht bezahlt und manchmal mit unsicheren Verträgen oder sogar "Schwarzarbeit". Einige finden auch Arbeit oder eine Ausbildung und lassen sich dauerhaft in Bayern nieder.

2015 gewährte Deutschland einer großen Zahl syrischer Flüchtlinge Asyl, die vor Krieg, Elend und der Unterdrückung durch das Regime von Baschar al-Assad flohen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nutzte mit dem bis heute berühmten Spruch " Wir schaffen das " die Chance, eine neue, junge Bevölkerung aufzunehmen. Es ist schwierig, genaue Zahlen zu bekommen, aber 2015 nahm Bayern etwa 100.000 dieser Flüchtlinge auf. Der Münchner Bahnhof war für viele die erste Station in Deutschland für die Flüchtlinge, die die Balkanroute über Österreich genommen hatten. Die Bilder der Münchner, die die Flüchtlinge mit Decken und Essen empfingen, gingen durch die Medien und verewigten die bayerische Gastfreundschaft für die Nachwelt.