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Antikes Erbe

Die tausendjährige Geschichte Bayerns spiegelt sich in seiner kulturellen Vielfalt wider. Aus seiner römischen Vergangenheit hat es sich eine gewisse Vorliebe für Raffinesse bewahrt. Ludwig I. von Bayern, ein großer Sammler griechischer und römischer Skulpturen, gründete das erste Münchner Museum, um seine Schätze zu beherbergen. Heute zeigt die Glyptothek zehn Jahrhunderte der Schöpfung in Volumen: vom Münchner Kouros (540 v. Chr.) bis zum Ende der römischen Epoche.

Bayern, das im 7. Jahrhundert christianisiert wurde, entwickelte von da an eine sakrale Kunst, die mehrere Jahrhunderte lang dominierte. Vor kurzem wurden religiöse Fresken im Augsburger Dom auf das Jahr 1000 datiert. Damit sind sie die ältesten Fresken, die nördlich der Alpen gemalt wurden. Die in großer Höhe gemalten Bilder waren mit Kalk übertüncht worden, bevor sie in Vergessenheit gerieten. Die Renovierung brachte einen Zyklus aus dem Leben Johannes des Täufers zum Vorschein, der von schlichter Schönheit ist.

Gegenreformation

Während sich Norddeutschland der lutherischen Reformation beugte, blieb Bayern der römisch-katholischen Kirche verbunden. In seinen Gebäuden existieren mehrere Kunstrichtungen nebeneinander, wobei der Barock und das Rokoko dominieren. Diese aus Italien stammenden Strömungen verbreiteten sich ab 1650 in Bayern als Reaktion auf die Strenge des Protestantismus. Der Barock wurde aufgrund seiner leuchtenden Kontraste und Übertreibungen als Ideal der Gegenreformation angesehen. Jahrhunderterstrahlt das Rokoko in neuem Glanz, vor allem in der Arbeit mit Fresken und Stuck.

Die Brüder Asam, Meister des Spätbarocks oder des bayerischen Rokoko, waren in allen Teilen des Landes tätig. Sie sind Architekten, Bildhauer, Maler und Stuckateure, die sich auf die Ausschmückung von Kirchen und Abteien spezialisiert haben. Zu ihren Meisterwerken gehören die Asamkirche in München, die 1734 dem heiligen Johannes Nepomuk geweiht wurde, die Fresken im Dom St. Maria und St. Korbinian in Freising sowie das Kloster Weltenburg. An der Decke malte Cosmas Damian Asam sein Selbstporträt, das den Betrachter anlächelt!

Wo kann man die Kunst des Barock und Rokoko genießen?

Schwierig, sich zu entscheiden? Hier sind einige Anhaltspunkte, die Ihnen helfen können:

Die Benediktinerbtei Ettal, die im 12. Jahrhundert im Süden Bayerns gegründet wurde, vereint alpine, barocke und Rokoko-Einflüsse. Ihre riesige Kuppel, die vollständig mit Fresken bedeckt ist, ist eine Pracht.

Der Bamberger Dom St. Peter & St. Georg, ein romanisches Bauwerk, ist für seine herrlichen gotischen Skulpturen bekannt, darunter das Reiterstandbild, der Bamberger Reiter, aus dem 13.

Barock und Rokoko treffen in der Abtei Andechs, Kloster Andechs, aufeinander. Sie wurde im 15. Jahrhundert gegründet und überblickt den Ammersee. Bemerkenswert ist, dass sie über einen Biergarten verfügt, der von den Münchnern geschätzt wird.

Der spätere Dom St . Stephan in Passau verkörpert die Macht Passaus im 17. Jahrhundert. Seine großartigen Gemälde und Statuen machen ihn zum größten Barockkomplex nördlich der Alpen.

In München thront die Theatinerkirche auf dem prächtigen Odeonsplatz. Sie ist ein Vorbote des heutigen kosmopolitischen Bayerns. Jahrhundert von dem Architekten Agostino Barelli aus Bologna erbaut, weshalb ihre Ausstattung von italienischer Kunst geprägt ist. Die gelbe Fassade im Rokokostil wurde von dem Belgier François de Cuvilliés entworfen. Im Inneren des Gebäudes sind die weißen Stuckarbeiten auffallend schlicht. Bleiben wir in München und besuchen die Michaelskirche aus dem 16. Jahrhundert. Aufgrund ihrer unzähligen Statuen wird sie als Meisterwerk der Renaissance bezeichnet. Eine Besonderheit der Kirche ist, dass sie das Grab von König Ludwig II. von Bayern beherbergt.

Dürer in Nürnberg

Im 15. Jahrhundert vervollkommnen deutsche Künstler ihr Wissen in Italien, in Assisi oder Florenz, mitten im Quattrocento. Die von der Renaissance erschütterten transalpinen Kunstcodes verbreiteten sich in ganz Deutschland. Im Norden schnitt das Luthertum die religiöse Kunst ab, die seit dem 16. Jahrhundert als zu expressiv galt. Doch in Bayern formten Persönlichkeiten wie Dürer die nordische Renaissance.

Albrecht Dürer (1471-1528) ist der erste deutschsprachige Künstler, der zu Lebzeiten einen Ruf erlangt, der dem der italienischen Meister gleichkommt. Der Meister wird in Nürnberg geboren, das damals eines der dynamischsten Zentren des Reiches ist. Doch Dürer ist ein großer Reisender. Im Jahr 1494 reist er allein nach Venedig und entdeckt die Antike. Er führt prächtige Landschaftsbilder Italiens in Aquarell aus. Nach seiner Rückkehr nach Bayern sticht er dieApokalypse. Der für sein Talent als Zeichner, Graveur und Maler anerkannte Gelehrte ist auch ein in Europa geachteter Mathematiker und Kunsthistoriker. Er ist es, der die Druckgrafik auf die gleiche Stufe wie die Malerei hebt. Außerdem ist Dürer der erste Künstler, der seine Zeichnungen signiert. Eine Angewohnheit, die bekanntlich Schule machen sollte. Er wurde für seine Selbstporträts bewundert und hinterließ uns unter seinen berühmtesten Werken Der Hase und der Ritter, der Tod und der Teufel. DasAlbrecht-Dürer-Haus in Nürnberg ist ein Muss für alle, die sich für diesen Künstler interessieren.

Die Cranach-Familie

Die bayerische Renaissance wird auch von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) getragen. Als Maler, Zeichner und Politiker wird er von seinem Vater in die Kunst eingeführt. Er ändert daraufhin seinen Namen in den Namen seiner Heimatstadt Cranach (Kronach). Im Jahr 1505 erlangt er den Status eines Hofmalers in Wittenberg. Kurz darauf arbeitet er mit Albrecht Dürer an der Illustration eines Gebetbuchs für Kaiser Maximilian I. zusammen. Der Maler erweist sich als hervorragender Porträtmaler. Vor ihm posieren Persönlichkeiten des Hofes, der Kirche und des Bürgertums. Später erweitert er seine Themen auf religiöse und mythologische Szenen. Er freundete sich mit Luther an und beteiligte sich an der Entwicklung der protestantischen Ikonografie. Er ist in ganz Europa für seine Porträts und biblischen Themen bekannt und intensiviert seine Produktion mit Hilfe seiner beiden Söhne Hans und Lucas d. J.. Heutzutage sind die Werke dieser berühmten Künstlerfamilie in ganz Bayern zu entdecken. Haben Sie Lust, sich auf die Spuren des Erbes der Cranachs zu begeben? Diese Route führt Sie durch bayerische Ortschaften: Start in Kronach, Ankunft in Weimar, seiner letzten Ruhestätte. Unterwegs machen Sie Halt in Coburg, Nürnberg und Eisenach. Die erhabene Madonna mit Kind und heiliger Anna (Öl auf Lindenholz) befindet sich in derAlten Pinakothek in München. Die Sammlungen dieses außergewöhnlichen Museums zeigen alle großen Meister: Dürer, Van Dyck, Rubens, Poussin... Es ist DAS Museum, das Sie unbedingt besuchen sollten!

Münchner Avantgarde

Nach einer trostlosen Zeit erhebt sich die Münchener Secession 1892 gegen den Konservatismus. Die Gruppe der Münchner Sezession hat den Ehrgeiz, die Öffentlichkeit für plastische Innovationen zu sensibilisieren. Diese Künstler ebnen den Weg für die Moderne. Max Liebermann, Hugo von Habermann, Reinhold Lepsius, Josef Block oder Bruno Piglhein setzen ihre Aktionen bis zur Auflösung der Gruppe durch die Nazipartei im Jahr 1938 fort. Die Überlebenden des Zweiten Weltkriegs versammelten sich unter dem Banner der Neuen Gruppe.

Die Pinakothek der Moderne deckt die gesamte europäische Avantgarde vom 20. Jahrhundert bis heute ab. Die Gemäldeabteilung nimmt genauer gesagt die Sammlung Moderne Kunst des Komplexes ein.

Parallel dazu wurde 1909 dieNeue Künstlervereinigung München gegründet. An ihrer Spitze steht der geniale russische Künstler Kandinsky. Die Mitglieder wollten einen Bruch mit dem Impressionismus vollziehen. Alle Disziplinen sind willkommen. Die Absicht von NKVM wird in ihrem Manifest verkündet: die Kunst von Überflüssigem zu befreien, um das aufzuwerten, was wirklich zählt. Zu diesem Zweck organisierten sie im Dezember 1909 eine erste Ausstellung in der Thannhauser Galerie für moderne Kunst in München. Insgesamt werden 128 Werke von 16 Künstlern präsentiert. Franz Marc und August Macke schließen sich der Gruppe an, die sich ab 1911 spaltet.

Im selben Jahr versammeltDer blaue Reiter (Der blaue Reiter) in München mehr oder weniger expressionistisch inspirierte Künstler. In den Jahren 1911 und 1912 fanden zwei Gruppenausstellungen statt. Zu den Mitgliedern gehörten Kandinsky, Franz Marc und August Macke, zu denen sich Paul Klee und Alfred Kubin gesellten. Die Ausstellungen des Blauen Reiters waren für den Aufstieg der modernen Kunst in Deutschland von entscheidender Bedeutung. Die erste Ausstellung startet in München und reist dann durch ganz Europa. An der zweiten, die im Februar 1912 in München stattfand, nahmen deutsche, russische und französische Künstler teil, darunter Braque, Delaunay, Picasso, Vlaminck und Derain. Die Künstler um den Blauen Reiter waren von einem gemeinsamen Glauben an eine Kunst beseelt, die laut Kandinsky "weder Volk noch Grenze, sondern nur die Menschheit" kennt. Die ungewöhnliche Offenheit dieser Avantgardegruppe ist für die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst von entscheidender Bedeutung.

Um in das Herz des Blauen Reiters einzutauchen, sollten Sie das Lenbachhaus erkunden. Dieses Museum besitzt eine einzigartige Sammlung von Werken dieser Bewegung, die einen dazu verleitet, an sie zu glauben!

Street-Art

München belegt im Bereich Street Art den ersten Platz. Keine Stadtverwaltung vor ihr hatte einen Verantwortlichen für urbane Kunst eingestellt. Das Ergebnis: Die Street Art fügt sich harmonisch (oder sogar polizeilich) in den Alltag ein und ist Gegenstand neuartiger Projekte. Im Jahr 2014 rief die Milchindustrie der Region einen Wettbewerb für Graffiti-Künstler aus. Den Gewinnern wurden sieben Bauernhöfe zugeteilt, die sie mit dem Thema Milch verschönern sollten: Codeak in Schwaben, Nea in Unterfranken und in München Loomit, der Vorreiter der Street Art in Deutschland, der für seine Fähigkeit bewundert wird, je nach Untergrund und verfügbaren Materialien zu improvisieren.

Zwischen Bayern und der Straßenkunst gibt es eine lange Liebesgeschichte. Die deutsche Sprayer-Szene entstand Anfang der 1980er Jahre in München. Heute bieten mehrere Vereine Führungen an und unterstützen gleichzeitig das öffentliche Kunstschaffen. Im Herzen von München wurde diese Ausdrucksform 2016 durch das MUCA (Museum of Urban and Contemporary Art) offiziell anerkannt. Es wurde von den beiden Sammlern Christian und Stephanie Utz eröffnet und ist das erste deutsche Museum, das sich der Street Art widmet. In seinen Räumen werden junge Graffiti-Künstler mit den Älteren, Banksy, Aiko oder Zeus, konfrontiert.

Zeitgenössisch

Das fachkundige Publikum wird das Museum Brandhorst besuchen, den Tempel der zeitgenössischen Kunst in München. Hinter seiner Fassade, die wie ein abstraktes Gemälde aussieht, gibt es Räume, die jeweils Andy Warhol, Cy Twombly, Joseph Beuys und Mario Merz gewidmet sind.

Für Fotoliebhaber stellt die Galerie Clair by Kahn internationale Meister (Jacques Henri Lartigue, Boubat, Lee Miller) zusammen mit zeitgenössischen Künstlern aus: Vera Mercer, Tomasz Lazar, Petr Lovigin oder der Franzose Patrick Zachmann.

Eine Alternative zu den unzähligen Kunstgalerien ist es, beim Open Westend den Puls des bayerischen Kunstschaffens zu fühlen. In einer festlichen Atmosphäre lädt die jährliche Veranstaltung dazu ein, rund 50 Künstler in ihren Ateliers zu treffen. Skulpturen, Malerei, Fotografie - in diesem Bohème-Viertel leben alle Stile zusammen. Bevor Sie gehen, sollten Sie sich die Endlose Treppe, Die Umschreibung, die Skulptur von Olafur Eliasson in der Ganghoferstraße 29, nur wenige Schritte vom Französischen Konsulat entfernt, nicht entgehen lassen.