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Traditionelle Siedlung

Noch bevor die Menschen individuelle Wohnmöglichkeiten schufen, mussten sie die Geografie des Archipels zähmen und lernen, die kleinen Inseln zu bewohnen, indem sie ein städtebauliches Muster entwickelten, das dem Inselleben eigen war. Zunächst muss der Eingang zum Riff, der sogenannte Neru, freigelegt werden, dann wird ein Bereich zum Anlegen von Booten geschaffen und auf der Insel wird eine Hauptstraße angelegt, an der die Einfamilienhäuser und Gemeinschaftsgebäude stehen. Hinzu kommen am Ufer oft noch ein "Strandpavillon", ein Versammlungsraum, und ein Steg. Seit jeher haben die Bewohner des Archipels auf eine umweltfreundliche Wohnweise geachtet, die den Lebensbedingungen in dieser Region angepasst ist. So sind die Häuser, selbst die einfachsten, meist auf einer Plattform aus Korallenstein gebaut, um den direkten Kontakt mit Feuchtigkeit zu vermeiden. In wohlhabenderen Häusern kann der Boden anschließend mit Gips verputzt werden. Der Dachstuhl wird aus Holz gefertigt, bevor die Wände mit Kokosnussstroh versehen werden, zu dem manchmal noch Holzplatten hinzugefügt werden. Das Dach wiederum wird aus übereinandergelegten Kokosnussblättern hergestellt, die mit horizontalen Holzleisten verbunden sind. Manchmal werden die Häuser auch aus Korallensteinen gebaut. Der Dachstuhl besteht dann aus nebeneinander liegenden, behauenen Steinblöcken, die mit Kalkmörtel verbunden oder nicht verbunden sind und in die man Holzbalken aus Kokospalmen einbauen kann. Das tägliche Leben wird von einem ständigen Dialog zwischen Innen und Außen begleitet, was zu offenen Räumen und einer besonderen Bedeutung von Säulengängen und Veranden führt, die angenehme, schattige Empfangsbereiche darstellen. Küche und Badezimmer sind in getrennten Bereichen untergebracht, um Sicherheit und Hygiene zu gewährleisten. Die Ausrichtung der Häuser wurde so berechnet, dass die direkte Sonneneinstrahlung minimiert und die Auswirkungen starker Regenfälle begrenzt werden. Die Vordächer dienen ebenfalls dem Schutz des Hauses, auch wenn die Baumaterialien eine hervorragende Isolierung ermöglichen. In größeren Städten und Dörfern folgt die Stadtplanung einem Rasterplan, und die Häuser reihen sich dort perfekt entlang der Straßen aneinander. Meistens sind die Häuser aus Korallenstein gebaut und werden von einer Mauer geschützt, die einen schattigen Vorhof abgrenzt. Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass diese Mauern an den Kreuzungen perfekt abgerundet sind - eine typisch maledivische Tradition, die das Stadtbild weicher erscheinen lässt!

Moscheen und Paläste

Trotz einer scheinbar unaufhaltsamen Urbanisierung, die mit der Zerstörung zahlreicher Gebäude einhergeht, ist es dem Archipel gelungen, Gebäude zu erhalten, die zu Symbolen seiner Geschichte geworden sind: die Moscheen. Sie sind aus Korallenstein gefertigt und weisen eine Reihe gemeinsamer Merkmale auf, angefangen bei der Steinplattform, auf der sie errichtet werden, bis hin zum Holzgerüst. Auch ihr Aufbau ist identisch: Eine Umfassungsmauer schützt den Moscheekomplex, der neben der Moschee selbst auch ein Minarett, einen Brunnen und einen Friedhof umfasst. Der Innenraum ist nach einer sogenannten hypostylischen Struktur organisiert, die Räume bezeichnet, deren Decke von Säulen getragen wird. Diese Säulen können aus Holz oder Stein sein. Der Gebetsraum ist meist ein rechteckiger Raum. Die Moschee ist auch von Dhaalas oder Veranden umgeben. Das Dach wiederum wird aus Kokosnussstroh gefertigt ... auch wenn es heute oft durch Tonziegel oder sogar Wellblech ersetzt wird. Doch wenn diese Moscheen als wahre Meisterwerke aus Stein gelten, dann vor allem wegen ihres unglaublichen Reichtums an Dekorationen. Die einheimischen Handwerker haben hier eine Kunst des Schnitzens, Abformens und der glasierten Verzierungen entwickelt, die sich in den wunderschönen geschnitzten Holztüren, den reich verzierten Kassettendecken und den Säulen mit arabisch beeinflussten Motiven aus einer Mischung aus Kalligraphie und geometrischen Figuren zeigt. Auch die Gräber auf den Friedhöfen sind oft reich beschriftet und verziert. Zu den schönsten Vertretern dieser Kunstfertigkeit gehören die Freitagsmoschee in Ihavandhoo (18. Jh.) auf dem Haa Alifu Atoll, die Freitagsmoschee in Fenfushi (17.-18. Jh.) auf dem Alifu Dhaalu Atoll und vor allem die Freitagsmoschee (17. Jh.) und die Eid Moschee (19. Jh.), beide in Malé. Die Paläste der Könige und Sultane sind verschwunden... Der einzige Palast, der noch existiert, aber immer wieder verstümmelt und verändert wurde, ist der Mulee-Aage-Palast, der Präsidentenpalast in Malé aus dem frühen 20. Jahrhundert, den man an seiner atypischen Silhouette erkennt, die sich an den Codes der Kolonialarchitektur orientiert, die damals von den Briten bevorzugt wurde: kolonnaden und Galerien, rote Ziegeldächer, die mit dem Weiß der Fassade kontrastieren, die ihrerseits mit leuchtenden Farbtupfern aufgepeppt ist, und stilisierte Giebel und Gesimse mit Lambrequins und ziselierten Mustern. Detonierend in dieser Stadtlandschaft!

Sich die Zukunft vorstellen

Seit der Gründung des ersten Resorts im Jahr 1972 wurden auf den Inseln immer wieder große Hotelkomplexe gebaut. Viele dieser Resorts sind architektonisch eher uninteressant, andere hingegen sind ungewöhnlich, wie das Muraka auf der Insel Rangali, dessen Villen sich 5,9 m unter dem Meeresspiegel befinden. Um dieses Kunststück zu vollbringen, wurde in Japan ein spezielles Acrylglas hergestellt, das dem Wasserdruck standhalten kann, ohne dass tragende Pfeiler nötig sind, um den Gästen die Aussicht nicht zu verderben! Parallel dazu entscheiden sich heute viele Resorts für eine nachhaltige Architektur, die sich stärker an den Traditionen der Insel orientiert. So gibt es wieder Bungalows mit Strohdächern und Kokospalmenblättern, während Korallenstein wieder in die Innenausstattung einfließt, wie im Patina Maldives auf Fari Islands. Im One & Only Reethi Rah wurden die Bungalows von einheimischen Handwerkern unter Verwendung natürlicher Materialien (Holz aus Malaysia, Teakholz, Rattan, Mahagoni, Kokospalmen...) gebaut. Aber nur das Kudadoo Resort kann sich rühmen, das erste zu sein, das vollständig nach den Grundsätzen einer nachhaltigen Architektur gestaltet wurde (Verwendung von Zedernholz, dessen Eigenschaften Klima und Salzgehalt vertragen, ein Dach, das so konzipiert wurde, dass es Regenwasser auffangen kann, in die Struktur integrierte Sonnenkollektoren...). Doch so nachhaltig diese Resorts auch sein mögen, sie können nichts gegen den unaufhaltsamen Anstieg des Meeresspiegels ausrichten, der die Architekten dazu zwingt, immer weiter über dem Meeresspiegel zu bauen. Da die Malediven zu einem der am stärksten von den Folgen der globalen Erwärmung bedrohten Gebiete der Welt gehören, suchen einige bereits nach manchmal ungewöhnlichen und cleveren Lösungen. Einige Designer schlagen zum Beispiel vor, Ölplattformen in schwimmende Städte umzuwandeln, um die Bevölkerung zu beherbergen und die Geschichte der Malediven weiterleben zu lassen!