Die mehrheitliche Stellung des Katholizismus

Auf politischer Ebene bestehen, objektiv betrachtet, enge Verbindungen zwischen Kirche und Staat. In der Geschichte der Staatsführung haben sie konservative und nationalistische Orientierungen unterstützt, wobei ein großer Teil des Klerus offen für die traditionalistische und identitätsstiftende Rechte Partei ergriff. Während die kommunistische Ära sehr repressiv gegen Geistliche war, die als Gegner des Regimes galten, haben der Zusammenbruch des Ostblocks und das Ende des kollektivistischen Ideals dem Katholizismus wieder einen bedeutenden Stellenwert verschafft. Zwischen 1996 und 1998 unterzeichnete der ehemalige Staatspräsident Franjo Tuđman vier Abkommen von gegenseitigem Interesse mit dem Vatikan, wodurch die historische und kulturelle Bedeutung des Christentums in Kroatien offiziell anerkannt wurde. Heute kann die Kirche trotz des Desinteresses und des Atheismus der verschiedenen Machthaber Einfluss auf Erziehungs- und Familienfragen sowie auf allgemeine, ethische oder gesundheitspolitische Leitlinien nehmen. Das konnte man bei den Demonstrationen gegen die Homo-Ehe, die starke Anti-Abtreibungsbewegung oder in letzter Zeit die Gruppen gegen die Gendertheorie, die Antivax-Bewegung usw. sehen.

Religiöse oder säkulare Minderheiten stark vertreten

Nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung (2021) bezeichnen sich 78,97 % der in Kroatien lebenden Einwohner als Katholiken, 3,32 % als orthodoxe Christen, 0,26 % als Protestanten (vor allem aus Ungarn), 1,32 % als Muslime, 0,02 % als praktizierende Juden, während 6,39 % Atheisten und 3,86 % unentschlossen sind. Orthodoxe Christen werden vor allem von der serbischen Gemeinschaft aus der Krajina oder Ostslawonien vertreten (4,7 %), Protestanten von Ungarn, die muslimische Gemeinschaft stammt aus Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien oder dem Kosovo. Da sie seit Jahrhunderten auf dem Balkan leben, sprechen die Muslime Serbokroatisch, was zu einer relativ guten Integration beiträgt. In Bosnien und Herzegowina hingegen hat sich die politische Lage in den letzten Jahren verschlechtert. Der Grund dafür sind die regierenden ethno-nationalistischen Parteien, die die Spaltung zwischen muslimischen Bosniaken, orthodoxen Serben und katholischen Kroaten schüren.

In Kroatien ist zwar die Mehrheit der Bevölkerung christlich geprägt, aber es gibt auch antiklerikale und atheistische Tendenzen, die auf den sozialistischen Kollektivismus zurückgehen und sich immer mehr durchsetzen. Sie hält sich im öffentlichen Dienst, in den freien Berufen und generell unter den Intellektuellen. Diese Form des säkularen Denkens, die sich in den Medien bemerkbar macht, kommt auch in kulturellen Einrichtungen und in diskreterer Weise im Bildungswesen zum Ausdruck. In der Schule mischt sich die Familie ein und es kommt zu reaktionären Debatten, insbesondere über die Frage des Sexualkundeunterrichts, der bei vielen Traditionalisten ein Tabu bleibt.

Insgesamt jedoch bewegt sich Kroatien in seinem Streben nach konfessioneller Koexistenz und sozialem Zusammenhalt friedlich zwischen konservativen Ideen und modernem Pragmatismus, gegenseitigem Respekt für religiöse Praktiken, Gemeinschaftsinitiativen und säkularen Bürgeraktionen.

Kalenderfeste, Pilgerfahrten - der religiöse Tourismus zieht Gläubige aus der ganzen Welt an

Während Epiphanie, Ostern, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen, der Heilige Abend oder der Stephanstag von einer generationsübergreifenden Gemeinde in der Kirche besucht werden, führen die Prozessionen der Schutzheiligen zu großen Menschenansammlungen. So der Tag der Heiligen Blasius (3. Februar) in Dubrovnik, der Tag des Heiligen Domnius (7. Mai) in Split oder die Pilgerfahrt auf dem Wasser zur Nachbarinsel Zečevo vor Nin (5. Mai und 5. August). Einige der zahlreichen Heiligtümer und Wallfahrtsorte im ganzen Land sind so berühmt, dass die Menschen von weit her kommen, um an ihnen teilzunehmen. In diesem Sinne kann man von religiösem Tourismus sprechen, wie in Marija Bistrica, Vepric, Sinj, Solin, Ludbreg, Aljmaš, Voćin, Trsat, Karlovac und Biskupija, und nicht zu vergessen Međugorje in Bosnien und Herzegowina, wo angeblich die Jungfrau Maria erschienen ist. Dražen Kutleša, der Bischof von Pula und Poreč, ist für diesen Tätigkeitsbereich zuständig, der sowohl zum spirituellen Weg als auch zum Aufenthalt zur Entdeckung des Kulturerbes gehört. Mehrere Incoming-Agenturen bieten Touren und Unterkünfte vor Ort an. Zum Beispiel Meridian, ein Reiseveranstalter mit Sitz in Podgora (Split), der sich auf dieses zukunftsträchtige Segment spezialisiert hat.