Reiseführer Polotsk (Полацк)

Als geistige und kulturelle Wiege aller weißrussischen Städte beginnt in Polotsk Weißrussland, seine Kultur und seine Geschichte. Polotsk wurde 862 zum ersten Mal in den alten Chroniken erwähnt. Sein Name leitet sich vom Namen des Flusses Polota ab. Vom 10. bis zum 12. Jahrhundert spielte das Fürstentum Polotsk eine sehr wichtige Rolle in der Region. Die Flüsse Dnepr und Dvina stellten die Verbindung zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer her und ermöglichten es der Stadt, sich durch den Handel mit Skandinavien, dem Baltikum und Byzanz weiterzuentwickeln. Ab 1307 war Polotsk Teil des Großfürstentums Litauen. Im Jahr 1498 erhielt die Stadt das Magdeburger Recht. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird Polozk nach der Hauptstadt Wilna zur reichsten und mächtigsten Stadt des Großfürstentums. Im 16. und 17. Jahrhundert führten die Kriege zwischen dem Großfürstentum Litauen und Russland zu einem allmählichen Niedergang der Stadt. Sie wurde 1563 von Iwan dem Schrecklichen geplündert und fiel 1654 in die Hände des russischen Zaren. Dennoch gelang es der Stadt, ihr kulturelles und spirituelles Potenzial zu bewahren. Jahrhundert eröffneten die Jesuiten ein College, eine Druckerei, eine Apotheke und ein Theater, und Evfrosinija Polotskaja, die Tochter des Fürsten Svatoslas Vseslavitch, gründete zwei Klöster, die zu den Bildungs-, geistigen und kulturellen Zentren des Fürstentums wurden. Dank ihrer Bemühungen wurde die Bibliothek der Sophienkathedrale mit wertvollen Bänden bereichert, die während des Livländischen Krieges (1558-1582) auf mysteriöse Weise verschwanden. Polozk ist die Geburtsstadt von Francysk Skaryna, dem ersten weißrussischen Drucker, und des Dichters und Philosophen Simeon von Polozk. Als Polotsk 1772 in das Russische Reich eingegliedert wurde, entwickelte sich die Stadt zu einer kleinen Provinzstadt. Heute ist sie nach Witebsk die zweitgrößte Stadt der Region. Ihr Industriezentrum im Vorort Navapolatsk gehört zu den größten des Landes. Das historische Zentrum der Stadt erstreckt sich entlang der westlichen Dvina und vermittelt mit seinen schönen Kirchen und kleinen Häusern aus dem 18. und 19.