Gebs, sculpture sur plâtre © Rob Crandall - shutterstock.com.jpg

Die Gebs, eine Kunst der Skulptur

Diese uralte Bildhauertechnik veredelt Gips für ornamentale und architektonische Zwecke. Der Gebs bedeckt normalerweise den oberen Teil der Wände, schmückt aber auch Arkaden, Decken und Kuppeln. Sie besteht aus einer Reliefkomposition aus kalligraphischen Texten oder geometrischen Mustern: Friese, Flechtwerke oder Rosetten. Damit verstößt er nicht gegen das Verbot der bildlichen Darstellung in der islamischen Kunst. Die 1117 datierte Koubba El-Ba'Adiyne weist fein gearbeitete Decken und Bögen auf. Kunstvoll gearbeiteten Stuck kann man im maurischen Bahia-Palast oder im Zwölfsäulensaal der Saadiergräber bewundern, wo die Kuppel aus Zedernholz über fein ziselierten Wänden thront. Seine weiße oder rosarote Farbe wird manchmal gefärbt, bemalt oder vergoldet, was zu intensiven Mustern führt. Um solche Ergebnisse zu erzielen, ist der Herstellungsprozess lang und sorgfältig. Zunächst wird der Gips in einer dicken Schicht auf die Wandoberfläche aufgetragen und mit Nägeln gespickt, damit er besser hält. Die relativ lange Trocknungszeit des Gipses ermöglicht es den Meistern, das Material mit einer unvergleichlichen Raffinesse zu modellieren.

Marokkanische Malerei

Zwei Ereignisse prägen das malerische Gedächtnis des Landes: die Islamisierung Marokkos im 9. Jahrhundert und die Kolonialisierung ab 1912.

Die vorislamische Kunst, in der die Darstellung von Lebensszenen einen wichtigen Platz einnimmt und die das Bildgedächtnis des Landes tief geprägt hat, wird mit der Islamisierung von der arabisch-islamischen Kunst dominiert, die jede Form der Darstellung von Tieren und Menschen verbietet. Diese ist von unermesslichem Reichtum und findet ihren Ausdruck in komplexen geometrischen Formen und Mustern, Darstellungen der Pflanzenwelt und der Kalligraphie. Kalligraphen schreiben mit einem Calamus, einer Schilfrohrfeder, deren Größe den Schreibstil bestimmt. Die Tinte wird traditionell aus dem Ruß von Kerzen hergestellt. Die Staffeleimalerei entstand später, als das Protektorat errichtet wurde. Sie war eine Art Rückkehr zu den Wurzeln, da sie wieder Szenen aus dem täglichen Leben darstellte. Im 20. Jahrhundert entstanden so talentierte Künstler, die religiöse Verbote umgingen. Die Eröffnung der ersten marokkanischen Kunstschulen ab 1945 gab dem künstlerischen Leben einen unbestreitbaren Aufschwung. Die naive Kunst entwickelte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts und erreichte ihren Höhepunkt in den 1960er und 1970er Jahren. Zu dieser Tendenz gehört beispielsweise Mohammed Ben Ali R'Bati (1861-1939). Dieser stellte alle Aspekte des Lebens in Tanger dar, vom Alltag bis zu den Festlichkeiten, und scheute sich nicht, in die Intimität der Haushalte einzudringen. Mohamed Hamri (1932-2000) spielte ebenfalls eine Schlüsselrolle in der marokkanischen Malerei und zeugt von einer stilisierteren Form der Naivität als R'Bati. Andere Maler entfernten sich von der Figuration und schlossen sich den internationalen modernen Bewegungen an, die die Abstraktion förderten. Ahmed Cherkaoui (1934-1967), der über die Grenzen Marokkos hinaus bekannt wurde, ist einer der Wegbereiter der marokkanischen Moderne. Sein frühzeitig abgebrochenes Werk hat die Kunstgeschichte des Landes erschüttert. An der Schnittstelle zwischen seinem arabischen und berberischen Erbe und den großen internationalen Trends der Moderne entwickelte dieser Künstler eine persönliche Sprache mit einem starken Symbolreichtum. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts litt die Malerei in Marokko jedoch unter einem relativen Mangel an Veranstaltungsorten. Seit 2016 zeigt das MACMA anhand von Objekten, Fotos und Gemälden einen vielfältigen Überblick über die marokkanische Kunst.

Der westliche Blick

Ausländische Künstler des 19. und später des 20. Jahrhunderts ließen sich vom Charme der marokkanischen Städte verzaubern. Die Rote Stadt faszinierte viele westliche Maler. Ein Erbe, das Marokko zwar zum Strahlen bringt, aber die einheimischen Künstler traurig in den Schatten stellt. So entstand die "orientalistische Malerei", die Werke umfasst, die von Europäern in Afrika, im Nahen Osten oder in Asien geschaffen wurden. Jahrhunderts mit romantischen Malern wie Eugène Delacroix, die sich in Marokko neue Inspiration holten. Ihre idealisierte Vision drückt sich in Bildern mit einer bezaubernden Atmosphäre aus. Eugène Delacroix, der von König Louis-Philippe auf eine Mission zu Sultan Moulay Abderrahmane geschickt wurde, fand in dem Königreich eine Helligkeit und Motive, die seine Vorstellungskraft anregten. Unter seinen in Marokko entstandenen Werken ist La Noce juive au Maroc (1841) ebenso beeindruckend wie sein Aquarell Fantasia (1832). Ebenso berühmt sind seine Serien von Jagdszenen mit dem Sultan von Marokko (1845). Delacroix trug so dazu bei, dass sich die Mode des exotischen Orients unter den romantischen Malern ausbreitete. Später war es Henri Matisse, der sich für das Land und insbesondere für Tanger begeisterte, das er 1912 entdeckte. Der Künstler schuf mehr als sechzig Werke, die seiner Malerei in der Harmonie der Farben eine neue Dimension verleihen. Er malte eindeutig identifizierbare Personen wie in Der stehende Rifaner (1912) oder deutete sie einfach in einem Meer aus Blau an wie in Marokkanisches Café (1912-1913). Der französische Maler Jacques Majorelle ließ sich 1919 in der Medina nieder. Der Bau seines visionären Ateliers inmitten eines fabelhaften botanischen Gartens, dem Jardin Majorelle, begann zehn Jahre später. Die blaue Villa Majorelle, die heute das Berbermuseum beherbergt, ist ein echter Hingucker.

Marokkanische Fotografie

Da das Land im 19. Jahrhundert noch recht verschlossen war, wurde die Fotografie erst spät eingeführt. Viele Europäer, die die Welt dokumentieren wollten, widmeten sich der Fotografie, begleitet von Wissenschaftlern, Historikern und Schriftstellern. In einer Zeit der Wende hielten sie die ersten Bilder eines Königreichs fest, das dem Westen noch unbekannt war, und verewigten seine befestigten Dörfer, Kasbahs, Berge und Sahara-Provinzen. In den 1880er Jahren öffnete sich das Land weiter und Fotografen ließen sich dort nieder, um ihre Studios zu eröffnen. Zunächst wurde die Fotografie überwiegend für Verwaltungszwecke und zum Schutz des Kulturerbes eingesetzt und beschränkte sich auf Landschaften und Denkmäler. Henri de Lamartinière, ein französischer Diplomat, Archäologe und Fotograf, der auf eine Mission vor Ort geschickt wurde, dokumentierte die römischen Ruinen von Volubilis.

Später entwickelte sich mit den "scènes de types" eine ästhetisierendere Fotografie, die zwischen ethnografischem Anliegen und Exotismus angesiedelt war. Die muslimischen Marokkaner standen dieser Kunst jedoch weiterhin ablehnend gegenüber, da sie gegen das Verbot der Darstellung von Menschen verstieß und als Angriff auf ihre Integrität und ihren Glauben empfunden wurde. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen spielte der Franzose Gabriel Veyre, der Hausfotograf des Sultans Mouley Abd el Aziz, eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Fotografie. Er machte Hunderte von Aufnahmen vom Land und seinen Bewohnern und war einer der ersten, der das lokale Alltagsleben auf natürliche Weise festhielt. Um diese Schnappschüsse aus einer anderen Zeit zu bewundern, zeigt das Maison de la Photographie de Marrakech die Vielfalt des Landes durch die Augen berühmter oder anonymer Fotografen von den Anfängen der Fotografie bis zur Moderne (1879-1960). In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Fotografie demokratisiert. Heute gibt es im Land viele internationale Größen und verschiedene Ausstellungsorte, darunter die Galerie 127. Sie wird heute als eigenständige Kunstform und nicht nur als Dokumentationsmittel betrachtet und hat viele Praktiker. Hassan Hajjaj, geboren 1961 in Larache, ist einer der Vertreter der zeitgenössischen marokkanischen Fotografie und zudem ein Pionier der marokkanischen Pop-Art. Seine doppelte Kultur drückt sich in seinen Arbeiten mit einem farbenfrohen Stil voller angenehmer Widersprüche aus. Der belgisch-marokkanische Fotograf Mous Lamrabat (geb. 1983) rüttelt an den Stereotypen der arabischen Welt, um mit humorvollen Bildern eine Botschaft des Friedens zu verbreiten.

Blühende zeitgenössische Kunst

Die Entwicklung der marokkanischen Kunst ist bezeichnend für die Veränderungen, die das Land durchmacht. Die figurative Kunst ist nicht mehr tabu und der neuen Generation mangelt es nicht an Kühnheit. Sie greift soziale und politische Probleme auf: Ungleichheit, Sexismus, Einwanderung, Klimakrise.

Trotz der Herausforderungen, denen sie sich stellen muss, wird der Kunstsektor immer stärker. Viele marokkanische Kuratoren, die in internationalen Museen arbeiten, setzen sich dafür ein, die Arbeit ihrer Landsleute international zu fördern, und parallel dazu etabliert sich das Land allmählich als regionaler Kunst-Hub, der zunehmend mit seinen Nachbarn im Maghreb und südlich der Sahara vernetzt ist. Der Arabische Frühling 2011 hat viel dazu beigetragen, die Dinge in Bewegung zu bringen. Er hat nicht nur das Interesse von Ausländern neu entfacht, sondern vor allem Künstlern die Möglichkeit gegeben, zu erkennen, welche Rolle sie spielen können, indem sie ihre Ansichten durch die Kunst zum Ausdruck bringen. Um nur eine zu nennen: Die 1956 in Marrakesch geborene Lalla Essaydi ist eine unverzichtbare Fotokünstlerin. Sie wuchs in Marokko und Saudi-Arabien auf und lebt heute zwischen New York, Boston und Marrakesch. Sie hat an der School of the Museum of Fine Arts in Boston studiert und ist eine der am höchsten bewerteten marokkanischen Künstlerinnen. Ihre Bilder findet man im Louvre oder auch im British Museum in London. Ihre Arbeit dreht sich vor allem um die Figur der arabischen Frau, wobei sie die in der orientalistischen Malerei dargestellten weiblichen Stereotypen dekonstruiert und gleichzeitig die arabische Kalligraphie einbezieht. Das MACAAL, das Museum für zeitgenössische afrikanische Kunst Al Maaden in Marrakesch, hat vor kurzem eine Strömung von Souiri-Künstlern geehrt, die sich durch ihre fantasievolle und phantasievolle Welt auszeichnen. Diese von der Straße ausgehende Strömung von Autodidakten, die ihre Inspiration aus der Straße und dem Alltag schöpfen, wurde zum ersten Mal von Frédéric Damgaard entdeckt, der 1988 die erste Galerie in Essaouira, die Damgaard Art Gallery, eröffnete. An diesem Ort, der den Künstlern aus Essaouira gewidmet war, stellte er Abdelmalek Berhiss, Mohamed Tabal und Ali Maimoun aus. Von nun an ist der Espace Othello die zweite Adresse in Essaouira, die Sie besuchen sollten, um zeitgenössische Maler und Bildhauer zu entdecken. In der Medina zeugen die vielen kleinen Galerien, die manchmal an ein Atelier angegliedert sind, wie im L'Arbre bleu, von der kulturellen Stärke.

Street-Art

Zunächst war diese Kunst verpönt, doch nach und nach hat sie sich als Instrument der Stadterneuerung durchgesetzt. Riesige, von Institutionen oder Kommunen geförderte Wandgemälde schmücken nun die Straßen der Großstädte. Selbst in den Kunstgalerien erfreut sich die Street Art zunehmender Beliebtheit. Im Land gibt es mittlerweile viele junge Talente wie Kalamour, das Duo Placebostudio (bestehend aus Brick top und Abid), Rebel Spirit oder Mevok. In Marrakesch säumen regelmäßig von internationalen Künstlern geschaffene Werke die Straßen der Medina. Der Anführer der Bewegung ist zweifellos Morran ben Lahcen, der in diesem Bereich am produktivsten ist. Vor dem Bahnhof kann man das mittlerweile berühmte Graffiti eines alten Mannes von Hendrik Beikirch nicht übersehen. In Essaouira verbindet das 2019 eingeführte Programm Mogador Street Art Musik und Malerei unter freiem Himmel. Das riesige Wandgemälde Les sourires de Mogador, das im Januar 2022 von der Malerin Caterina Tur aus Ibiza geschaffen wurde, ehrt die Kinder der Stadt. Auf einer Länge von 30 Metern werden Porträts von 49 Kindern durch ihr Lächeln Hoffnung in die ganze Welt tragen!