Reiseführer Kairo

Kairo liegt am Ufer des Nils, genau am Anfang des fruchtbaren Deltas, und ist die zweitgrößte Stadt auf dem afrikanischen Kontinent (nach Lagos in Nigeria), obwohl ihr Duft der einer vollständig arabischen Stadt ist.Laut der letzten Volkszählung von 2017 leben dort fast 18 Millionen Menschen. Die Rede ist natürlich vom Großraum Kairo, der die beiden Verwaltungsgouvernements Kairo (rechtes Ufer) und Giza (linkes Ufer) umfasst.Den Behörden bereitet die ständig wachsende Menschenkonzentration Kopfzerbrechen. Jeder unbewohnte Raum wird irgendwann besetzt, seien es Friedhöfe oder Bereiche, die für landwirtschaftliche, handwerkliche und industrielle Aktivitäten vorgesehen sind. Der Druck der Neuankömmlinge ist schrecklich: Jeden Tag verlassen Hunderte von Nilbauern ein Land, das sie nicht mehr ernähren kann, für Kairo, das an seinen zu vielen Bewohnern erstickt.Die Beschreibung des gegenwärtigen Zustands von Kairo läuft oft auf eine Aneinanderreihung der ewig gleichen Klischees über das städtische Monster hinaus, das ausufert, wimmelt und die Umwelt verschmutzt. Dies wird Ihnen schlagartig bewusst, wenn Sie zum ersten Mal mit dieser verwirrenden, von Wolkenkratzern und Minaretten übersäten Stadt in Kontakt kommen. Der unaufhörliche Lärm von Hupen, brummenden Motoren und Klimaanlagen wird sich in Ihren Kopf schleichen. Wenn Sie die Weite der Landschaft lieben, wird die schwüle Luft, die im Sommer kaum zu ertragen ist, oder der braune Nebel an Herbstabenden, der den Rauch von verbranntem Reisstroh in die umliegenden Landstriche trägt, schnell an Ihrer Energie zehren und Sie schon am Nachmittag ohne Kraft für das Chaos in der Stadt zurücklassen.Aus dem Gewirr der riesigen Autopontons, die die Stadt überspannen, rast eine Kohorte klappriger Peugeots und Toyotas, die ein mechanisches, nervöses und ruckartiges Ballett bilden. Niemand scheint gewillt, zu bremsen, nicht einmal, um Fußgängern auszuweichen, die die Straße überqueren oder aus einem fahrenden Bus aussteigen. Solange man noch rasen kann, rast man! Die Staus werden den Strom schon früh genug bremsen. In der Zwischenzeit wird gerast, geschlichen und geschimpft, um an einer völlig verstopften Kreuzung weniger als zwei Meter voranzukommen.Die ersten Stunden sind nervenaufreibend. Seien Sie versichert, dass man sich daran gewöhnt. Nach ein paar Tagen ist man sogar erstaunt, wie gut man dem schwindelerregenden Druck in Kairo standhalten kann. Die Anpassung erfolgt ganz langsam, ohne dass man es merkt. Vorausgesetzt, man lässt sich vom Rhythmus der Umgebung tragen, verlangsamt seinen eigenen, nimmt jede Auszeit und genießt die zahlreichen Momente der Gnade. Die Anarchie des Kairoer Treibens widersetzt sich jeder rationalen Erklärung. Sagen Sie sich, dass dies einer der Reize dieser Stadt ist.Zu dieser Verwirrung kommen die Paradoxien von Gesellschaften, die parallel leben: Reichtum und Armut liegen in den Straßen von Kairo ungeschminkt nebeneinander. Einige Kairoer pflegen denselben Lebensstil wie in London, New York oder Paris. Ein paar hundert Meter weiter lebt man noch ohne fließendes Wasser. Die Gasse vor dem Haus wurde nie asphaltiert. Die Hühner und Ziegen, die vor der stets offenen Tür frei herumlaufen, könnten den Eindruck erwecken, dass man sich auf dem Land befindet. Doch als Feld gibt es nur einen dampfenden Müllhaufen, der Fliegen und streunende Katzen glücklich macht.Diese beiden Extreme bilden Blasen, die nebeneinander oder aneinander vorbei leben, ohne sich zu kennen. Die glänzenden Autos der einen kreuzen die schuppigen Esel der anderen, in gegenseitiger und absoluter Gleichgültigkeit. Die Metro ist ein gutes Beispiel für diese Trennung zwischen den sozialen Klassen. Obwohl sie sehr praktisch ist, um die endlosen Staus zu vermeiden, werden Sie nur selten einen Anzugträger sehen, der sich aus der Menge von Studenten und Angestellten mit niedrigen Gehältern heraushebt.