Die Umweltkatastrophe in der Fabrik in Ajka

Im Jahr 2010 gingen die Bilder von rötlichen Schlammspuren, die sich in Richtung eines Nebenflusses der Donau hinabstürzten, durch die internationalen Medien. Das Ereignis ist bis heute die schwerste Industriekatastrophe Ungarns. Der Grund für die Katastrophe war der Bruch eines Tanks der Aluminiumfabrik in Ajka, einer Gemeinde im Westen des Landes in der Nähe des Plattensees. Der Tank enthielt metallurgische Industrieabfälle, die als Rotschlamm bezeichnet werden. Als der Tank brach, wurden fast eine Million Kubikmeter Rotschlamm freigesetzt und bildeten einen reißenden Strom, der zehn Menschen tötete und 150 verletzte. Der rote Schlamm, der reich an Blei, Quecksilber und Arsen ist, hat die Gesundheit des Bodens und der Wasserläufe vor Ort nachhaltig beeinträchtigt. Die Tier- und Pflanzenwelt des Flusses Marcal wurde vollständig dezimiert, doch die Donau, von der man befürchtete, dass sie ebenfalls betroffen sein könnte, entging der Katastrophe. Die Auswirkungen auf die Ökologie und die öffentliche Gesundheit sind bis heute schwer zu messen, da viele Effekte erst im Laufe der Zeit auftreten können.

Zehn Jahre zuvor, im Jahr 2000, hatte das Land eine ähnliche Umweltkatastrophe erlitten, die auf den Bruch eines Stausees für Bergbauabfälle in Rumänien zurückzuführen war. Mehrere ungarische Flüsse wurden stark verschmutzt, darunter die Theiß, der zweitgrößte Fluss Ungarns, der als einer der fischreichsten Flüsse Europas gilt.

Viktor Orbán und die Ökologie

Als Viktor Orbán 2010 an die Regierung zurückkehrte, war eine seiner ersten Amtshandlungen als Ministerpräsident die Abschaffung des Umweltministeriums. Für Umweltfragen war fortan das Landwirtschaftsministerium zuständig. Der Staatsmann hat sich wiederholt gegen die Klimapolitik der Europäischen Union ausgesprochen und sie beschuldigt, der Wirtschaft seines Landes zu schaden. Ursprünglich hatte Ungarn sogar sein Veto gegen den Plan der EU eingelegt, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Seit 2020 hat Viktor Orbán jedoch einen Kurswechsel vollzogen und scheint Umweltfragen immer mehr Bedeutung beizumessen. Der Grund dafür ist das wachsende Interesse der Bevölkerung an ökologischen Themen, das sich unter anderem darin äußerte, dass 2019 der Umweltschützer Gergely Karacsony zum neuen Bürgermeister von Budapest gewählt wurde, einer Hauptstadt, die zuvor von einem Bürgermeister der konservativen Partei von Viktor Orbán regiert wurde. 2019 ergab eine landesweite Umfrage zudem, dass drei Viertel der ungarischen Bürger der Meinung waren, dass die Regierung Orbán nicht genug für die Lösung der Klimaproblematik unternimmt. Der Politiker hat sich daher starke Ziele gesetzt, darunter, dass 90 % der Stromerzeugung des Landes bis 2030 CO2-neutral sein sollen.

Die Donau als ökologischer Korridor

Mit einer Länge von 2.850 km ist die Donau nach der Wolga in Russland der zweitlängste Fluss Europas. Auf ihrem Weg durch Europa legt sie 12 % ihrer Strecke in Ungarn zurück, wobei sie das Land vertikal teilt und unter anderem durch Budapest fließt. Da der Fluss auch an andere Städte in Ungarn und anderswo grenzt, leidet er unter der Verschmutzung durch die Städte, aber auch durch landwirtschaftliche und industrielle Einleitungen. Dennoch ist der Fluss von großer ökologischer Bedeutung, da er das größte Feuchtgebiet Europas ist. Auch wenn der Mensch entlang des Flusses eingreift, ist der Fluss in seiner gesamten Länge, vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer, von mehreren Schutzgebieten umgeben und bildet so einen echten ökologischen Korridor in Europa. In Ungarn kann man so den Duna-Ipoly-Nationalpark und den Duna-Dráva-Nationalpark nennen.

Dürre: der neue Feind

Wie viele andere Länder auf der Welt wird auch Ungarn von der globalen Erwärmung hart getroffen, die sich vor allem in immer stärkeren, häufigeren und längeren Dürren äußert. Zwar leidet das ganze Land darunter, doch scheinen der Süden und der Osten am stärksten betroffen zu sein. Diese Dürren setzen der lokalen Landwirtschaft zu, wie der Fall der Himbeere zeigt, für die das Land einst einer der größten Produzenten Europas war. Von den 50.000 Hektar Land, auf denen diese Frucht vor 20 Jahren angebaut wurde, sind heute aufgrund der Hitze und des fehlenden Niederschlags nur noch 50 unglückliche Hektar übrig geblieben. Im Jahr 2024 stiegen die Temperaturen in einigen Regionen wiederholt auf über 40 °C, was zu einem Verlust von schätzungsweise 4 Millionen Tonnen Mais führte. Mehrmals in diesem Jahr erreichte der Fluss Theiß eine alarmierende Trockenheit. Um dieses Problem zu bekämpfen, hat das Land unter anderem ein Programm zur Verbesserung der Bewässerung eingeführt und arbeitet an mehreren Projekten, darunter Agroforstwirtschaft, eine Methode, bei der landwirtschaftliche Plantagen mit Bäumen kombiniert werden, um Schatten zu spenden, die Bodenqualität zu verbessern und wieder reichhaltigere Ökosysteme zu schaffen.

Die Nationalparks

In Ungarn gibt es zehn Nationalparks. Der Hortobágy-Nationalpark ist nicht nur der älteste, sondern mit einer Fläche von 800 km2 auch der größte. Er gehört seit 1999 zum UNESCO-Weltnaturerbe, da er sowohl für die Tierwelt als auch für die lokalen Gemeinschaften, die dort landwirtschaftliche und handwerkliche Traditionen aufrechterhalten, von entscheidender Bedeutung ist. Der Park ist ein typisches Beispiel für die Puszta, die für Ungarn typische wilde Flachlandlandschaft. Tierfreunde können hier viele verschiedene Tierarten beobachten, darunter auch das Wahrzeichen des Parks, den Kranich, der auf seinem Zug oft im Park Halt macht.

Im Westen des Landes schützt der Nationalpark Oberer Balaton einen Teil des Nordufers des riesigen Plattensees. Im Gegensatz zum flacheren Südufer mit seinen Badeorten lädt diese hügelige und wilde Region zu Waldwanderungen und Spaziergängen entlang des Wassers ein. Der Nationalpark Duna-Ipoly(Duna-Ipoly Nemzeti Park) liegt näher an Budapest und ist nur etwa 50 km von diesem entfernt. Das Schutzgebiet besteht aus mehreren Flüssen, Ebenen und Bergen und ist somit sehr vielfältig.